Praxisfall: Konflikt im Beurteilungsgespräch mit Vorgesetzter

Mich erreichte die Anfrage einer Führungskraft, die ein Beurteilungsgespräch mit ihrer Vorgesetzten führen muss, in dem Sie aus ihrer Sicht ganz ungerechtfertigt eine kritische Rückmeldung bekommt. Sie fragte mich um Rat, wie sie in das Gespräch einsteigen solle, was es zu bedenken gäbe und welche Tipps ich für sie hätte, um das Gespräch für sie zufriedenstellend zu führen. Was das für Sie bedeutet und wie Sie das in Ihrer Praxis umsetzen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Lesedauer: ca. 5 Minuten

Hören Sie sich den Artikel hier als Podcast an oder lesen Sie unten weiter.Die Führungskraft schrieb mir eine E-Mail mit folgendem Inhalt„Lieber Herr Brandt,wie ich immer wieder feststelle, senden Sie Ihren Newsletter IMMER genau dann, wenn bei mir eine Situation ansteht, die Sie gerade bewegen in Ihren Tipps. Vielen Dank dafür.Bei mir ist es gerade ein Beurteilungsgespräch, aber nicht mit einem Mitarbeiter, sondern meine Vorgesetzte mit mir.Und wenn man selbst Beurteilungsgespräche führt, kenn man die Techniken: Positives Feedback geben und Ausblicke für die Zukunft zu besprechen mit Hinweisen, wo noch Luft nach oben gesehen wird.Ich bin davon überzeugt, dass ich in meiner Rolle als Teamleiterin einen guten Job mache. Meine Vorgesetzte jedoch sieht das anders. Das Beurteilungsgespräch ist gefühlt eine Abrechnung mit ihrem Frust – vielleicht auch Eifersucht -, wie ich in meiner Arbeit agiere.Die Vorwürfe werden globalisiert, keine Sachverhalte benannt. Sie gibt keine Hinweise, wie ich es aus ihrer Sicht besser machen könnte, was zu optimieren wäre o.ä.Sie lässt mich monatelang ihre Vertretung in Entscheidungsprozessen wahrnehmen. Dann kommt Sie nun nach Jahren in dem Gespräch mit der Aussage, meine Problemlösefähigkeit wäre zu kleinteilig, zu ängstlich und meine Entscheidungen falsch.Das ist eine ziemlich harte Aussage, die nicht mit Sachverhalten unterfüttert wird. Eben global.Nun frage ich mich natürlich, wie ich Ihre Tipps umkehre und aus „Mitarbeitersicht“ in so ein Gespräch gehe? Es gibt nämlich noch ein 2. Gespräch, weil im letzten noch nicht durch alle Kriterien der Beurteilung durchkamen.Konstruktive Kritik hat mich eigentlich immer weiter gebracht – das, was mir meine Vorgesetzte sagt, jedoch nicht.“So, das ist erstmal die Situation. Und dazu gibt es eine Menge zu sagen, was sicher auch interessant ist für alle, die oder der Sie das hier lesen.Hier nun meine Tipps für die Kollegin.Grundsätzlich: Ein solches Gespräch ist sicher nicht einfach zu führen, gerade wenn Sie nicht einverstanden sind  mit dem was Ihre Vorgesetzten sagt.

Wie Sie signalisieren, dass Sie mit der Gesprächsführung im Beurteilungsgespräch nicht einverstanden sind

Zunächst einmal haben Sie den ersten Schritt schon mal gemacht, indem Sie mir geschrieben haben: Sie haben die Situation für sich analysiert und sind sich klar geworden, worum es Ihnen eigentlich geht. Und das schriftlich.Denn wahrscheinlich sind Sie erstmal ziemlich emotional.Und deshalb ist das Niederschreiben zur Vorbereitung auf die nächsten Schritte optimal.Denn damit sind Sie raus aus dem Gefühl der Verärgerung und Wut darüber, dass die Vorgesetzte Ihnen Ihre Kritik auf diese Weise gibt, und Sie landen wieder auf der Sachebene.

Was Sie ansprechen

Sprechen Sie Ihre Verärgerung im Gespräch konkret so an. Es hat keinen Sinn, im Gespräch weiter auf die Inhaltsebene zu gehen, sondern es geht darum zu besprechen, WIE das Gespräch geführt wurde.Dazu benennen Sie Ihre Beobachtungen, dass das Gespräch eher emotional verlief, dazu oberflächlich, denn die Vorgesetzte benannte wenig konkrete Beispiele und eigene Lösungsvorschläge.Und es geht ja auch darum, ob ein grundsätzliches Vertrauen in Ihre Führungsfähigkeit da ist. Sieht Ihre Vorgesetzte Sie als Führungskraft und Vertreterin?Auch das muss auf den Tisch und besprochen werden.

Beurteilungsgespräch mit Vorgesetzter auf Augenhöhe

Wichtig ist, dass Sie selbstbewusst ins Gespräch gehen und nicht wie ein Opferlamm.Gespräche dieser Art sollten auf Augenhöhe geführt werden. So würden Sie es selbst ja auch mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern machen.Nehmen Sie sich das für sich auch heraus und machen Sie sich klar: In Ihrer Rolle als Vorgesetzte/r haben Sie die Verantwortung für die Abteilung und in diesem Sinne können und müssen Sie auch benennen, wenn etwas nicht gut läuft.Aber eben auf Augenhöhe – und das dürfen Sie für sich auch einfordern.Gehen Sie deshalb in das Gespräch und teilen Sie Ihren Unmut über die Gesprächsführung mit. Betonen Sie dabei, dass Sie die Dinge anders sehen, aber für eine gute Zusammenarbeit auch wirklich verstehen möchten, wo die Punkte sind, in denen die Vorgesetzte nicht mit Ihnen zufrieden ist.Und bestehen Sie auf konkreten Beispielen und Lösungsvorschlägen an Sie, damit Sie Ihr Verhalten ändern können.Natürlich hat Ihre Vorgesetzte eine andere Meinung als Sie. Um ihr auch wirklich gut zuzuhören, nachzufragen und damit ihre Argumente ernst zu nehmen hilft es, wenn Sie sich klar machen: „Verstehen heißt nicht Einverstanden sein!“.

Nehmen Sie sich Zeit, um die Wünsche Ihrer Vorgesetzten zu durchdenken

Wenn Sie klar haben, was von Ihnen erwartet wird, können Sie an dieser Stelle das Gespräch vertagen und sich überlegen, wie Sie mit den Erwartungen umgehen wollen.Welche Sie annehmen wollen und was Sie dann vielleicht auch an Unterstützung von der Vorgesetzten oder von anderen brauchen (z.B. Seminare oder ein Coaching).

Treffen Sie verbindliche Vereinbarungen

Halten Sie anschließend beide verbindlich und am besten schriftlich und auf jeden Fall SMART fest, wie Sie vorgehen, um die Erwartungen der Vorgesetzten zu erfüllen.Wenn Sie diese Tipps berücksichtigen, sollte das Beurteilungsgespräch mit Ihrer Vorgesetzten nächstes Mal zufriedenstellender verlaufen. Viel Erfolg dabei!Viel Erfolg und beste Grüße aus HamburgIhr Stefan Brandt
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