Überlastungssituation im neuen Job

Ich möchte heute über Peter sprechen, der zu mir kam, wegen einer absoluten Überlastungssituation. Eine Situation, bei der er nicht weiß, wie er weiterkommen soll und dringend Unterstützung und Klarheit braucht. Ich denke, die Situation von Peter und was ich mit ihm besprochen habe, könnte auch für dich sehr nützlich sein. Falls du dich selbst mal in einer solchen Überlastungssituation wiederfinden solltest, erkennst du dies vielleicht früher und holst dir im richtigen Moment Unterstützung.

Lesedauer: ca. 12 Minuten

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Kurz vorm Burn-out

Peter hat vor einem Jahr bei einer Unternehmensberatung, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für Banken angefangen zu arbeiten. Und bis dato war er als Risikomanager in einem anderen Unternehmen tätig, hatte seinen festen Rahmen und seine festen Ansprechpartner, sein Team, mit dem er gearbeitet hat und vollzog dann eben diesen Rollenwechsel vor einem Jahr.

Als mich Peter dann irgendwann anrief, erklärte er mir, er stünde jetzt kurz vorm Burn-out und hätte es gerade so geschafft, sich über ein Jahr hinweg zu retten in seinem neuen Job. Von Anfang an sei er gleich losgeschwommen, hätte losschwimmen müssen, sei in verschiedene Projekte hineingestoßen worden und hat wirklich auf seinen Urlaub hin gefiebert. Aber – kurz vor der wohl verdienten Pause – hatte er von seinem Chef noch ein neues Projekt bekommen…

Das führte bei ihm zu einem Totalzusammenbruch. Er hatte ganze Tage auf dem Sofa gelegen, voller Selbstzweifel, antriebslos, ist dann zum Arzt gegangen und dieser riet ihm dann, er sollte sich doch am besten mal Unterstützung holen in Form eines Coachings. Und so ist er dann bei mir gelandet.

Peter beschreibt sich selbst als Mensch, der auf Dauer und Sicherheit angelegt ist. Er braucht Strukturen. Er ist Mathematiker und bezeichnet sich selbst als sehr intelligent. Diese Intelligenz ist zudem ein wichtiger Wert für ihn.

Die eigene Persönlichkeit kennen

Wenn wir nun auf Peters Persönlichkeit schauen, dann ist er in dem neuen Job natürlich erstmal gefordert. Wenn er mit dem Anspruch da herangeht, dass er alles so nonchalant und locker wegsteckt und sich da einarbeitet, ist das ein viel zu hoher Anspruch, den er an sich selbst hat. Weil dieser Job genau entgegen seiner Persönlichkeit steht, wenn er auf Dauer angelegt ist.

Jetzt in der Wirtschaftsprüfung hat er eine neue Rolle; vorher angestellt, jetzt Mitarbeiter einer Unternehmensberatung. Das ist was komplett anderes. Das eine bietet mehr Klarheit, Strukturen usw. Und plötzlich geht es um immer neue Kunden, neue Ansprechpartner, neue Unternehmen mit immer neuen Prozessen. Überall muss sich immer wieder neu eingearbeitet werden. Es gibt also ständig Veränderungen, mit denen er klarkommen darf. Und wenn er von der Persönlichkeit her nicht der Typ ist, dann wird ihm das immer ein bisschen schwerer fallen.

Das heißt nicht, dass er das nicht machen kann, aber ich finde, dass er nicht den Anspruch an sich haben sollte, all das so einfach hinzukriegen. Vielmehr sollte er anerkennen, dass das erstmal wirklich Arbeit bedeutet und er sich auch entsprechend belohnt, anstatt sich da durchzupeitschen und Druck auf sich selbst auszuüben. Hier hilft es, zuallererst Verständnis für seine Überlastungssituation zu entwickeln. Das ist schon mal das Wichtigste!

Dadurch, dass er sich ja für sehr intelligent hält (was er tatsächlich ist und was eine super Stärke darstellt), hat er diesen enorm hohen Anspruch, alles allein hinbekommen zu müssen und für alles allein verantwortlich zu sein. Und das ist dann schon ein Problem. Ich habe auch mit ihm darüber gesprochen, dass es ja gerade ein Zeichen von Intelligenz ist, zu erkennen, wo hier die eigene Grenze liegt und sich einzugestehen, dass man an einem bestimmten Punkt eventuell nicht mehr weiterkommt und sich Unterstützung sucht.

Das Beispiel von Peters Überlastungssituation ist typisch

Er hat, wie viele Menschen auch, so einen starken sei-perfekt-Antreiber, sei-stark-Antreiber. Also das alles allein hinbekommen zu wollen und auch für alles allein verantwortlich zu sein. Im Gespräch mit ihm ging es unter anderem darum, welche Phasen Menschen durchlaufen, wenn sie sich in neue Themen einarbeiten, also zum Beispiel einen neuen Job bekommen.

Wir durchlaufen immer vier Phasen:

1. Die Phase der unbewussten Inkompetenz

Also wenn wir z.B. bei einem neuen Job anfangen wollen, dann beginnt dies in der Regel mit dem Lesen der Stellenausschreibung, es folgt ein Bewerbungsgespräch, du kannst bestimmte Fragen stellen… Aber du hast den eigentlichen Job selbst noch nicht gemacht! Du weißt nicht, wie das Unternehmen ist und nichts über das Team. Vielleicht kennst du es fachlich, vielleicht aber auch nicht. Du wärst hier demnach unbewusst inkompetent, sagt man. Du weißt nicht, wo die Fallstricke liegen und schätzt dadurch die Situation einfach leichter ein, als sie vermutlich ist. Alles beruht auf einer Vorstellung.

2. Die Phase der bewussten Inkompetenz

Du hast die erste Zeit im neuen Job und merkst, dass deine Aufgaben nicht so einfach sind, wie du es dir vorgestellt hast. Im Bewerbungsgespräch wurde dir vieles erzählt, das jetzt offenbar doch anders zutrifft (als du es eventuell interpretiert hast). Zudem lernst du vielleicht auch, wo bestimmte Konfliktfelder liegen. Und das ist typisch für diese zweite Phase, der bewussten Inkompetenz. Das Selbstvertrauen, das Zutrauen in den Job, fällt erstmal in den Keller und dein Wissen steigt anfangs gefühlt nur langsam an. Natürlich arbeitest du dich da ein, aber der Hauptfaktor ist eben diese nachlassende, erst mal abfallende Motivation. Und das ist eine Phase, die in der Wissenschaft auch beschrieben ist. Das hat nichts mit dir zu tun! Das passiert unweigerlich! Weil wir da eben diesen Praxisschock an der einen oder anderen Stelle haben. Das ist die zweite Phase und in der war Peter ja auch; nur dann hat er eben die Konsequenz gezogen, sich da durchzuarbeiten und alles irgendwie allein hinbekommen zu müssen.

3. Die Phase der bewussten Kompetenz

Wenn du dich in einen Bereich einarbeitest – der vielleicht doch ein bisschen stetiger ist als der von Peter – dann entwickelst du natürlich deine Routinen, lernst den Job besser kennen, weißt, wie alles läuft… (Was durchaus auch mal ein Jahr lang dauert, meiner Erfahrung nach.) Du überlegst dir bewusst dein Vorgehen: Wie mache ich das? Wen muss ich ansprechen? usw. Die Motivation ist in dieser Phase oft schwankend und es gibt Tage, da geht dir alles flott von der Hand sowie Tage, wo du verhältnismäßig viele Fehler machst und daraus lernst. Das wäre also die sogenannte bewusste Kompetenz.

4. Die Phase der unbewussten Kompetenz

Du weißt, wo der Hammer hängt und bist schon fast eine alte Häsin oder ein alter Hase auf deinem Gebiet. Das wäre die unbewusste Kompetenz.

In dieser Phase ist Peter ja auf keinen Fall. Und ich weiß auch gar nicht, ob er in der Unternehmensberatung, ehrlich gesagt, jemals dahin kommt, weil er ja immer neue Kunden und Prozesse hat, in die er sich ja erst neu einarbeiten muss. Er fängt eigentlich in den Projekten immer in Phase eins wieder an, vielleicht nicht fachlich, aber zumindest was den Kunden angeht.

Von daher finde ich es äußerst wichtig, sich diese Phasen immer mal wieder bewusst zu machen und sich und die eigenen Fähigkeiten realistisch zu bewerten. Und somit die Erwartungen an sich selbst in diesen Phasen nicht zu hoch anzusetzen.

Du bist nicht allein verantwortlich

Zudem – wie auch im Beispiel der Überlastungssituation von Peter – bist du nicht allein für alles verantwortlich! Die Unternehmensberatung von Peter hat, meiner Ansicht nach, hier ihren Job nicht richtig gemacht. Denn sie könnte ihre neuen Mitarbeitenden ja auch unterstützen, durch diese vier Phasen durchzukommen. Sein Vorgesetzter hätte sagen können: „Herzlich willkommen im neuen Job, du gehst jetzt zum ersten Projekt einfach nur mal so mit und schaust dir an, wie ich das mache!“.

Wenn es optimal gelaufen wäre. Ich weiß, dass das in Unternehmensberatungen eher unrealistisch ist. Aber trotzdem: so würde es optimal laufen. Erst mal mitgehen, erst mal gucken.

Zweite Phase „Bewusste Inkompetenz“. Da wäre es gut gewesen zu sagen: „Okay, das nächste Projekt machst du mal. Ich gehe mit oder der Kollege ist an deiner Seite. Ihr macht das zusammen, aber du hast den Lead.“

In der dritten Phase „Bewusste Kompetenz“, wäre es: „Jetzt machst du das Projekt allein, du kannst mich aber jederzeit anrufen, falls es Schwierigkeiten geben sollte. Im Sinne eines Coachings.

Das Wissen in dieser dritten Phase ist bereits relativ hoch und ich kann mit dem Menschen besprechen, wie er an bestimmte Situationen herangeht und einzelne Fragen klären.

In der vierten Phase heißt es natürlich: „Okay, jetzt kannst du die Projekte alleine machen und ich muss mich nicht mehr so sehr um dich kümmern“.

Es handelt sich hier auch um Führungsaufgaben, die eine tragende Rolle spielen. Im Beispiel von Peter ist das leider etwas unglücklich zusammengekommen, weil er eben diesen hohen Anspruch an sich hat: „Ich bin intelligent und habe vielleicht so einen sei-stark-Antreiber, ich hole mir eben keine Unterstützung von meinem Vorgesetzten oder vom Unternehmen und ziehe sie nicht in die Verantwortung; ich muss hier alleine wieder rauskommen.“

Eventuell ist dieses Vorgehen aber ein straighter Weg in eine Überlastungssituation oder sogar einen Burn-out!

Fazit

Wenn du in eine solche Situation kommst – die schnell zu einer Überlastungssituation werden kann – einen neuen Job antrittst, eine neue Position annimmst oder sonst irgendwelche herausfordernden Aufgaben oder Projekte bewältigen willst, achte auf dich und hole dir rechtzeitig Unterstützung. Entweder bei deinen Vorgesetzten oder bei einem Kollegen oder einem Coach.

Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass du etwas nicht kannst oder dass du nicht fähig bist, dich in diesen Job einzuarbeiten, es sind einfach diese vier Phasen, die da passieren können.

Hole dir also Unterstützung, wenn es dir zu viel wird und lasse eine Überlastungssituation gar nicht erst entstehen!

Zum Beispiel hier auf meiner Website. Buche dir dein kostenloses Strategiegespräch und wir schauen, wie ich dir weiterhelfen kann, falls du in so einer Phase bist, wo es dir langsam ein bisschen zu viel wird in deinem Job als Führungskraft. Gerade beim Thema „vom Kollegen zum Vorgesetzten“.

Das ist typisch, was ich jetzt hier mit Peter beschrieben habe. Das höre ich am laufenden Band, dass Führungskräfte in die neue Rolle kommen und denken, sie sind jetzt im kalten Wasser und müssen sich nun irgendwie freischwimmen. Ohne zu sehen, dass sie sich Unterstützung von Vorgesetzten holen oder ein Coaching oder Training in Anspruch nehmen können. Oft muss die Unterstützung aktiv eingefordert werden im Unternehmen. Hole deine eigenen Führungskräfte in die Verantwortung! Das ist kein Eingeständnis von Schwäche, sondern verschafft dir sogar Respekt, aus meiner Sicht. Da dir deine Grenzen bewusst sind und du Unterstützung forderst.

Stelle dir also abschließend die Fragen:

Was bin ich für ein Typ?

Erwarte ich vielleicht an verschiedenen Stellen zu viel von mir? Stichwort: Selbstreflexion als Führungskraft – lies hier, wie du erfolgreich bleibst.

Und vermeide es, dich in eine solche Überlastungssituation hineinzumanövrieren.

Ich freue mich aufs nächste Mal!

Bis ganz bald.

Dein Stefan Brandt

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