Erste 100 Tage als Führungskraft - www.stefanbrandt.de

Puh, der Antritt ist geschafft. Aber wie gestalten Sie jetzt die ersten 100 Tage als Fühungskraft und wie wachsen Sie als frischgebackene Führungskraft gut in die Chefrolle? Ihr Team, Ihre Kollegen auf gleicher Ebene und Ihr eigener Chef werden sich fragen: Wie ist denn der oder die Neue? Das ist unabhängig davon, ob Sie eine neue Abteilung übernehmen oder innerhalb Ihres alten Teams aufsteigen und Sie Ihre „neuen“ Mitarbeiter und Ihren Vorgesetzten bereits kennen.
Im 3. Teil der Einstiegsserie haben ich Ihnen einige Tipps zusammengestellt, die Sie in den ersten Monaten als Führungskraft weiter bringen.

Teil 1: Die 100 Tage vor dem Rollentausch

Teil 2: Tag X: Ihre Antrittsrede als neue Führungskraft

Hören Sie sich hier die ganze Folge an oder lesen Sie unten weiter:

Fallbeispiel

Ich hatte neulich einen verzweifelten Vorgesetzten im Coaching, der vor ein paar Monaten aus dem Kollegenkreis zum Teamleiter der Einkaufs-Abteilung berufen worden war. Energisch ging er ans Werk und gestaltete erst mal wichtige Prozesse um, die ihn schon als Mitarbeiter immer gestört haben. Auch die wöchentliche Teambesprechung strich er aus dem Kalender, denn das wurde bereits früher von allen als äußerst zeitaufwändig und wenig Ziel führend bekrittelt. Dann arbeitete er wochenlang allein an einem Konzept, wie der Einkaufsprozess noch besser gestaltet werden könnte. Damit wollte er Pluspunkte bei seinen Vorgesetzten sammeln.

Seine Mitarbeitenden waren zunächst begeistert und hoch motiviert. Endlich passierte etwas! Doch: Nach ein paar Wochen fiel die Leistung des Teams deutlich ab und die Mitarbeitenden waren sichtlich überfordert.

Was war geschehen?

Zunächst preschte der neue Teamleiter vor, ohne seine Mitarbeitenden mitzunehmen und für seine Ziele zu gewinnen. Er fragte sie weder nach ihrer Meinung und nutzte ihre Erfahrung, noch zeigte er ihnen auf, was er konkret erreichen wollte und vereinbarte keine Ziele mit Ihnen. Auch verwendete er zu viel Zeit für Fach- statt mit Führungsaufgaben und versäumte es, wichtige Aufgaben zu delegieren.

So waren die Mitarbeitenden zwar am Anfang motiviert (sie wollten einen guten Eindruck machen), aber die Leistung verpuffte. Ihnen fehlte schlichtweg die Orientierung. Und anscheinend interessierte sich der neue Vorgesetzte nicht wirklich für ihre Belange.

Also machten sie bald nur noch Dienst nach Vorschrift.

Es wird klar: Die ersten Monate sind außerordentlich entscheidend für den Erfolg einer neuen Führungskraft. Macht sie in dieser Zeit große Fehler, bekommt sie oft kein Bein mehr auf den Boden.

Die ersten 100 Tage einer Führungskraft – Nur nicht zu viel Aktionismus

In den ersten 3 Monaten im Amt sollte vor allem der Vertrauensaufbau zu den Mitarbeitern und zum eigenen Chef im Vordergrund stehen. Es geht darum,

  • einen guten Überblick über den Bereich und die Führungsaufgaben zu erhalten,
  • Klarheit über die Kompetenzen des Teams zu gewinnen und nötige Kompetenz aufzubauen und
  • erste Handlungsfelder zu identifizieren, die das Team voranbringen.

Link zu den Inhalten für die 100 als Führungskraft.

Die ersten 100 Tage als Führungskraft nach dem Antritt in die neue Rolle lassen sich grob in drei Phasen einteilen

  1. Orientierung: Sie konzentrieren sich darauf zu lernen, zu verstehen, Fragen stellen, Fakten zu sammeln, Beziehungen aufzubauen, Kommunikationsstrukturen einzurichten (z.B. Regelmeetings) und die Regeln dafür aufzustellen.
  2. Planung: sie sortieren die gewonnenen Informationen, diskutieren diese, bewerten die Stärken und Schwächen und definieren die Aufgaben- und Handlungsfelder und planen langfristige Veränderungen.
  3. Umsetzung: Sie leiten Maßnahmen ein, überprüfen deren konsequente Umsetzung, holen sich Rückmeldung ein.

Orientierungsphase

Diese Phase wird gerne übersprungen, ist aber am Anfang die wichtigste.

Bleiben Sie ruhig und nehmen sich zunächst Zeit zu beobachten. Wenn Sie nicht gerade in einer sanierungsbedürftigen Abteilung arbeiten, in der schnelle Veränderungen und Entscheidungen überlebenswichtig sind, geht jetzt noch nicht darum, gleich alles anders zu machen. Aktionismus ist an dieser Stelle absolut nicht angesagt.

Lernen, Verstehen, Beziehungen aufbauen zu Mitarbeitenden, Kollegen, (internen) Kunden und Chef sind die wichtigste Aufgaben in dieser Phase. Nehmen Sie am Anfang die Haltung eines Touristen ein, der in ein neues Land kommt. Finden Sie heraus, welche Kultur hier herrscht und wie die verborgenen Spielregeln sind. Verstehen und würdigen Sie die vorhandenen Strukturen, Prozesse, Abläufe und Beziehungen. Erst wenn Sie das besser durchschauen, können Sie Ihre eigenen Vorstellungen einbringen.

Wie Sie das machen? Am besten durch Zuhören, Fragen stellen, Beobachten, miteinander reden.

Mehrere Blickrichtungen sind hierbei wichtig

Blick aufs Team

Finden Sie heraus, wie bisher Entscheidungen getroffen, wie Konflikte bearbeitet wurden, welche Regeln und Rituale es zu beachten gilt, wie mit einander kommuniziert wird. Machen Sie sich mit den Aufgaben Ihrer Mitarbeitenden vertraut. Und widerstehen Sie dem Fallstrick zu Beginn, Unzufriedenheit von Mitarbeitenden mit sofortigen Entscheidungen zu beheben.

Ermitteln Sie lieber in Gesprächen mit ihren Mitarbeitenden zunächst…

  • welche Erwartungen sie an die künftige Zusammenarbeit haben,
  • wo sie sich mehr/andere Unterstützung wünschen,
  • was aus ihrer Sicht anders werden sollte,
  • wie die Arbeit in dem Bereich bisher strukturiert und organisiert war,
  • von welchen Aspekten sie sich bei ihrer Arbeit leiten ließen.

Anschließend vermitteln Sie ihren Mitarbeitenden

  • was sie von Ihnen erwarten können,
  • was Sie als Führungskraft von ihnen erwarten,
  • welche (übergeordneten) Ziele es zu erreichen gilt und
  • welche Rolle der Mitarbeiter beim Erreichen der gemeinsamen Ziele spielt.

Blick auf die einzelnen Mitarbeitenden

Klären Sie mit jedem Mitarbeitenden im Vier-Augen-Gespräch

  • wie ihre/seine Arbeit strukturiert ist,
  • wie sie/er sich organisiert,
  • wo sie/er steht,
  • wie sie/er sich entwickeln will,
  • was sie/er dafür braucht und wie Sie sie/ihn unterstützen können.

Blick auf Ihre Kollegen auf gleicher Ebene

Die gute Zusammenarbeit mit Ihrem Chef und Ihren Mitarbeitern ist zweifelsohne entscheidend für Ihren Erfolg als neue Führungskraft. Vergessen Sie aber nicht, dass Sie ja auch mit Kollegen auf der gleichen Ebene, also anderen Führungskräften, zusammenarbeiten.

Suchen Sie das Gespräch. Stellen Sie sich auch ihnen vor und zeigen Sie Interesse an den Erfahrungen und dem Wissen der Kollegen. Nehmen Sie sich selbst auch hier ein wenig zurück und lernen sie die informellen Kanäle und Netzwerke kennen, bevor Sie sich positionieren.

Blick auf Ihre eigene Führungskraft

Sofern das nicht im Bewerbungsprozess sehr klar besprochen wurde, wäre es nun an der Zeit, hier die gegenseitigen Erwartungen zu klären. Manches, das im Bewerbungsgespräch nur theoretisch besprochen werden konnte, zeigt sich jetzt ganz praktisch im Alltag und muss neu verhandelt werden. Suchen sie aktiv das Gespräch mit der/dem Vorgesetzten besprechen Sie

  • Was sind die wichtigsten Ziele, die es für Sie zu erreichen gilt? Woran werden Sie gemessen?
  • Bis wann müssen diese Ziele erfüllt sein?
  • Welche Schritte wurden bereits unternommen, um diese Ziele zu erreichen?
  • Auf welche Mittel und welche Unterstützung können Sie bauen?

Fassen Sie das Ergebnis am besten kurz und knapp schriftlich zusammen. Achten Sie auf jeden Fall darauf, dass die Zielvorstellungen Ihrer eigenen Führungskraft realistisch und erreichbar sind Beziehen Sie frühzeitig Ihr Team mit ein und verpflichten Sie dieses z. B. auf die Erreichung von Unterzielen (siehe oben – Blick aufs Team und eigene Mitarbeiter).

Blick auf die Kunden

Auch diese Zielgruppe könnte für Ihren Erfolg entscheidend sein. Machen Sie sich bei wichtigen internen und externen Kunden als neue Führungskraft der Abteilung bekannt. Besprechen Sie mit ihnen, welche Erwartungen sie an Sie haben und klären Sie mögliche Missverständnisse.

Nun geht es los: Planungs- und Umsetzungsphase

Jetzt haben Sie sich ein erstes Bild über die entscheidenden Aufgaben, Stärken und Schwächen, Problem und Erfolge Ihres Bereichs gemacht. Nun steigen Sie in die Planungsphase ein und können damit beginnen, Prozesse neu zu definieren – und zwar so, dass ihre Mitarbeitenden zielgerichtet arbeiten und ihren Beitrag zum Erreichen der übergeordneten Ziele leisten können.

Spiegeln Sie Ihre Ideen zurück und tauschen sich darüber mit Ihnen Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern aus. Sehen die anderen die Dinge genau so oder ähnlich, können Sie schnell in die Umsetzung gehen. Wenn es unterschiedliche Sichtweisen gibt, gilt es, zunächst ein gemeinsames Verständnis für die Situation zu entwickeln, bevor Sie Ziele und Maßnahmen ableiten und anschließend konkrete Umsetzungsschritte einleiten

Hier noch ein paar grundsätzliche Tipps für die ersten 100 Tage als Führungskraft

Setzen Sie Zeichen.

Signalisieren Sie Ihren „neuen“ Mitarbeitenden weiterhin Ihr deutliches Interesse an guter Zusammenarbeit und unbürokratische Arbeitsweise.

Link zu den Inhalten für die 100 als Führungskraft.

Geben sie Arbeit ab.

Delegieren Sie – besonders Ihre Lieblingsaufgaben. Damit zeigen Sie den anderen Ihr Vertrauen. Das motiviert. Gleichzeitig gewinnen Sie so Zeit für Ihre eigentlichen Führungsaufgaben.

Haben Sie mögliche Konflikte im Blick.

Mitarbeiter, die sich Hoffnung auf Ihren Posten gemacht haben, reagieren häufig mit Arbeitsverweigerung oder Stimmungsmache. Hier ist es dringend notwendig, ein offenes Gespräch zu suchen. Wenn man die Sache laufen lässt, schwelt sie weiter. Sehen Sie das positiv: Vielleicht haben Sie damit sogar einen Leistungsträger im Team, den Sie unterstützen können.

Informieren sie aktiv.

Ex-Kollegen klemmen Sie vielleicht von Informationen ab. Als Gegenstrategie gehen Sie mit gutem Beispiel voran und informieren Ihre Mitarbeitenden aktiv. Mit Wissen von oben fühlen sie sich in den Entscheidungsprozess einbezogen, bauen Vertrauen auf und öffnen sich.

Bleiben Sie beim „Du“.

Das „Du“ aus Kollegenzeiten signalisiert Vertrautheit: Bleiben Sie trotzdem dabei. Die Gefahr ist groß, die Ex-Kollegen mit einem „Sie“ zu düpieren. Respekt verschaffen Sie sich nicht durch die Ansprache, sondern durch das Auftreten.

Stoppen sie Kumpanei.

Frühere Kollegen, mit denen Sie enger befreundet waren oder noch sind, erhoffen sich vielleicht Vorteile, jetzt, da Sie die neue Führungskraft sind. Sprechen Sie dieses Thema unter vier Augen an. Machen Sie deutlich, dass Sie als Freund und Führungskraft zwei Hüte aufhaben, und dass Sie in der Führungsrolle alle Mitarbeitenden gegenüber gleich behandeln werden.

Denken Sie noch mal an die Führungskraft vom Anfang: Hätte der neue Vorgesetzte in der Einkaufsabteilung einige dieser Punkte berücksichtigt, wäre ihm sicher von Anfang an mehr Erfolg beschienen gewesen. Allerdings war es ihm nach seinem Coaching möglich, einen Neustart umzusetzen und den so wichtigen Vertrauensaufbau zu Team, Kollegen und Chef nachzuholen.

Apropos Coaching…

In den ersten 100 Tagen als Führungskraft nach Jobantritt wäre es nicht ungewöhnlich, wenn Sie zeitweilig an sich und Ihrer Aufgabe zweifeln: Schaffe ich das inhaltlich? Erkenne ich die Zusammenhänge, bin ich die/der Richtige hier? Werden mich die Mitarbeiter, Kollegen und Chefs akzeptieren?

Und vor allem bei Junior-Führungskräften kommen weitere Fragen hinzu: Wie führe ich ein Team? Wie gestalte ich die Rolle? Wie schaffe ich die gebotene Distanz zu meinen Leuten?

Diese Fragen in einem Seminar oder Coaching zu klären, kann viel Entlastung und Klärung bringen. Wenn Sie die Inhalte auf Ihre ganz persönliche Situation anwenden möchten, melden Sie sich gerne bei mir. Ich unterstütze Sie entweder vor Ort, telefonisch und auch per Skype, mit Ihrem Anliegen ein konkretes Stück voran zu kommen. Mehr Infos dazu, wie Sie mich nutzen können, finden Sie hier.

Ihr Stefan Brandt

Wie Sie die ersten 100 Tage als Führungskraft meistern (ohne in 1000 Fettnäppfchen zu treten)

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